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Open BIM-Workflow

Die Baubranche, oft mit Fragmentierung und Ineffizienz konfrontiert, erlebt derzeit einen massiven Wandel hin zu digitalen Prozessen. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht Building Information Modeling (BIM), eine Methode zur Datenverwaltung über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Das Potenzial von BIM hängt jedoch maßgeblich von der Interoperabilität ab.

Open BIM, ein auf Standards basierender Ansatz, ermöglicht den nahtlosen Datenaustausch über Plattformen hinweg. Dies reduziert die Abhängigkeit von proprietärer Software und fördert eine echte Zusammenarbeit. Für BIM Manager ist die Einführung von openBIM nicht nur technische Routine; es ist eine strategische Entscheidung, die Risiken minimiert, die Projektabwicklung verbessert und langfristigen Wert schafft. In einer risikoreichen Branche etabliert sich open BIM zunehmend als neuer Standard.

Was ist Open BIM?

Im Kern ist open BIM ein universeller Ansatz für die kollaborative Planung, Realisierung und den Betrieb von Gebäuden, basierend auf offenen Standards und Arbeitsabläufen. Im Gegensatz zu geschlossenen, proprietären BIM-Systemen, die den Datenaustausch auf spezifische Softwareumgebungen beschränken, fördert openBIM herstellerneutrale Datenformate. Diese Philosophie, maßgeblich durch buildingSMART-Standards vorangetrieben, stellt sicher, dass alle Projektbeteiligten, unabhängig von der verwendeten BIM-Software, Informationen effizient austauschen und darauf zugreifen können.

Der Grundstein von openBIM ist der IFC (Industry Foundation Classes)-Standard – ein neutrales, offenes Format, das den Austausch und die Interpretation von BIM-Daten zwischen verschiedenen Software-Tools ermöglicht. Die neueste Version, IFC 4.3, erweitert die Unterstützung für Infrastrukturprojekte. Ergänzend dazu optimiert der BCF (BIM Collaboration Format)-Standard die Kommunikation rund um Modellprobleme und ermöglicht Teams den effizienten Austausch von Kommentaren, Screenshots und Kooperationshinweisen. Information Delivery Specification (IDS), ein maschinenlesbarer, XML-basierter Standard, wird zunehmend zur Definition und automatisierten Überprüfung von Informationsanforderungen innerhalb von IFC-Modellen eingesetzt.

Die Komponenten eines Open BIM Workflows

Ein robuster openBIM-Workflow zeichnet sich durch mehrere Schlüsselkomponenten aus, die jeweils eine entscheidende Rolle bei der Erleichterung des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit spielen:

Standardisierte Datenformate

Die Nutzung offener Standards wie IFC und BCF ist von größter Bedeutung. Diese Standards gewährleisten die Datenintegrität und Zugänglichkeit über verschiedene Softwareplattformen hinweg. Für BIM Manager bedeutet dies, klare Richtlinien für den Modell-Export und -Import festzulegen, die Einhaltung der angegebenen IFC-Versionen sicherzustellen und die Qualität der exportierten Daten zu überprüfen. IDS kann zur Automatisierung des Prüfprozesses eingesetzt werden.

Interoperable Software-Lösungen

Der Erfolg eines openBIM-Workflows hängt von der Verwendung von openBIM-Software und BIM-Interoperabilitäts-Tools ab, die offene Standards unterstützen. Diese Tools erleichtern die nahtlose Übertragung von Informationen zwischen den verschiedenen Anwendungen, die von Architekten, Ingenieuren, Bauunternehmen und Bauherren verwendet werden. Ziel ist es, Datenverluste und Doppelerfassungen zu eliminieren, die häufige Probleme in fragmentierten Arbeitsabläufen darstellen.

Common Data Environment (CDE)

Eine Common Data Environment (CDE) wie Catenda Hub dient als zentrale Anlaufstelle für alle Projektinformationen innerhalb eines openBIM-Workflows. Es ist ein digitaler Raum, in dem alle Beteiligten Projektinformationen strukturiert und kontrolliert abrufen, teilen und verwalten können. Eine gut implementierte CDE stellt sicher, dass alle mit den neuesten Informationen arbeiten, wodurch Fehler reduziert und die Entscheidungsfindung verbessert werden. Für BIM Manager ist die CDE die zentrale Informationsquelle (Single Source of Truth), entscheidend für Versionskontrolle, Zugriffsrechteverwaltung und Audit-Trails.

Definierte Prozesse und Protokolle

Über die Technologie hinaus erfordert ein erfolgreicher openBIM-Workflow klar definierte Prozesse und Protokolle. Dazu gehört ein umfassender BIM-Abwicklungsplan (BAP), der die BIM-Ziele des Projekts umreißt, die Informationsanforderungen spezifiziert und die Verantwortlichkeiten jedes Teammitglieds definiert. Ein gut formulierter BAP, der in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten entwickelt wurde, ist entscheidend für die Festlegung von Erwartungen und die Steuerung der Umsetzung von openBIM-Prinzipien über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg.

Vorteile eines Open BIM Workflows

Die Implementierung eines openBIM-Workflows bietet erhebliche Vorteile für Projektbeteiligte:

  • Verbesserte Zusammenarbeit: Open BIM beseitigt Softwareschranken und fördert eine echte Kollaboration und bessere Koordination zwischen allen Teammitgliedern.
  • Verbesserte Datenqualität: Standardisierte Datenformate und eine zentrale CDE gewährleisten eine höhere Datenqualität, wodurch Fehler und Nacharbeiten reduziert werden.
  • Geringere Software-Abhängigkeit (Lock-in): Unternehmen gewinnen Flexibilität bei der Auswahl der besten Software für spezifische Aufgaben, was zu kosteneffektiveren Abläufen führt.
  • Größere Transparenz: Ein zentralisierter Workflow mit klaren Audit-Trails erhöht die Transparenz und Verantwortlichkeit, was für die Streitbeilegung und Compliance entscheidend ist.
  • Zukunftssichere Projekte: Offene Standards bewahren wertvolles Projektwissen und stellen sicher, dass Daten mit zukünftigen Softwareanwendungen zugänglich und nutzbar bleiben.
  • Automatisierung erleichtern: Strukturierte openBIM-Daten, insbesondere durch die Zugänglichkeit von BIM-APIs, ermöglichen eine stärkere Automatisierung und Integration mit anderen Projektmanagementsystemen.

Aufbau und Betrieb Ihres Open BIM Workflows: Ein praktischer Leitfaden für BIM Manager

Für BIM Manager erfordert der Übergang zu einem openBIM-Workflow einen methodischen Ansatz, der sich auf Vorbereitung, Implementierung und kontinuierliche Optimierung konzentriert.

1. Definieren Sie Ihren BIM-Abwicklungsplan (BAP)

Vor jedem Software- oder Datenaustausch ist ein sorgfältig ausgearbeiteter BIM-Abwicklungsplan unerlässlich. Dieses Dokument sollte:

  • Klare Ziele festlegen: Definieren Sie, was Sie mit BIM im Projekt erreichen möchten (z.B. Kollisionsprüfung, Mengenermittlung, Integration ins Facility Management).
  • Informationsanforderungen (AIA) spezifizieren: Detaillieren Sie den erforderlichen Informationsgrad in jeder Projektphase, einschließlich Modellgranularität und Datenattribute.
  • Rollen und Verantwortlichkeiten umreißen: Klar zuweisen, wer für die Modellerstellung, Dateneingabe, Qualitätskontrolle und Informationslieferung verantwortlich ist.
  • Verwendung offener Standards definieren: Spezifizieren Sie, welche IFC-Versionen (z.B. IFC 4.3 für Infrastruktur), BCF-Protokolle, IDS und andere buildingSMART-Standards für den Datenaustausch verwendet werden.
  • Namenskonventionen und Klassifizierungssysteme festlegen: Sorgen Sie für Konsistenz über alle Modelle und Disziplinen hinweg, um die Interoperabilität zu erleichtern.

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2. Wählen Sie interoperable Tools

Investieren Sie in openBIM-Software und BIM-Interoperabilitäts-Tools, die offene Standards wirklich unterstützen. Dies bedeutet, über grundlegende Import-/Exportfunktionen hinauszuschauen und nach Lösungen zu suchen, die eine robuste Validierung, Anzeige und kollaborative Bearbeitung von Daten im offenen Format ermöglichen. Bewerten Sie:

  • IFC-Kompatibilität: Importiert und exportiert die Software IFC-Modelle ohne Datenverlust? Kann sie verschiedene IFC-Schemata verarbeiten?
  • BCF-Integration: Erleichtert sie die einfache Erstellung, Verfolgung und Lösung von Problemen mithilfe von BCF?
  • IDS-Unterstützung: Unterstützen der Workflow und der Toolstack alle aktuellen IDS-Schema-Funktionen?
  • API-Zugänglichkeit: Bietet die Software eine BIM-API für benutzerdefinierte Integrationen oder Automatisierungsworkflows? Dies ist entscheidend für die Verbindung mit anderen Projektmanagementsystemen oder die Entwicklung maßgeschneiderter Tools.

3. Etablieren Sie eine zentrale Common Data Environment (CDE)

Eine robuste CDE ist das Rückgrat jedes effektiven openBIM-Workflows. Wählen Sie eine CDE, die:

  • Offene Formate unterstützt: Native Hosting, Anzeige und Verwaltung von IFC- und BCF-Dateien ermöglicht.
  • Versionskontrolle sicherstellt: Eine klare Prüfspur aller Modellrevisionen und Datenänderungen bereitstellt.
  • Zugriffsrechte verwaltet: Eine detaillierte Kontrolle darüber ermöglicht, wer Informationen anzeigen, bearbeiten oder veröffentlichen kann.
  • Zusammenarbeit erleichtert: Tools für Kommentare, Markierungen und Problemverfolgung direkt an den Modellen bietet.
  • Integrierte BIM-Software: Idealerweise sollte sie direkte Integrationen oder eine starke API-Unterstützung für Ihre ausgewählten BIM-Authoring-Tools bieten.

4. Implementieren Sie eine robuste Qualitätskontrolle

Die Datenqualität ist in einem openBIM-Workflow von größter Bedeutung. BIM Manager müssen in verschiedenen Phasen Kontrollen implementieren:

  • Modellvalidierung: Validieren Sie IFC-Modelle regelmäßig gegen die angegebenen BAP-Anforderungen und Schemata. Es gibt Tools zur Überprüfung der geometrischen Integrität, der Vollständigkeit der Eigenschaften und der Einhaltung von Klassifizierungssystemen.
  • Kollisionsprüfung: Führen Sie eine automatisierte Kollisionsprüfung an föderierten IFC-Modellen durch, um Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
  • Informationsprüfung: Stellen Sie sicher, dass die in den BIM-Modellen eingebetteten Informationen den AIA des Projekts entsprechen.
  • Änderungsmanagement: Etablieren Sie einen klaren Prozess zur Verwaltung von Änderungen an Modellen und Daten unter Verwendung der Versionskontrollfunktionen der CDE.

5. Fördern Sie eine Kultur der Zusammenarbeit und Schulung

Technische Lösungen allein reichen nicht aus. Der Erfolg hängt von menschlichen Faktoren ab:

  • Einbindung der Stakeholder: Stellen Sie sicher, dass alle Projektbeteiligten die Vorteile des openBIM-Workflows und ihre Rolle darin verstehen.
  • Schulung und Weiterbildung: Bieten Sie fortlaufende Schulungen zu offenen Standards, ausgewählter Software und CDE-Nutzung an. Betonen Sie die Bedeutung von Datenqualität und der Einhaltung von Protokollen.
  • Regelmäßige Koordinationsbesprechungen: Erleichtern Sie regelmäßige Besprechungen, in denen föderierte Modelle überprüft, Probleme mithilfe von BCF besprochen und Entscheidungen dokumentiert werden.

Fazit

Der openBIM-Workflow ist mehr als nur ein technologischer Fortschritt; es ist ein Paradigmenwechsel hin zu einer kollaborativeren, effizienteren und transparenteren Baubranche. Durch die Nutzung offener Standards, den Einsatz interoperabler Tools und die sorgfältige Planung seiner Implementierung und seines Betriebs können BIM Manager das volle Potenzial von BIM ausschöpfen, die Projektabwicklung transformieren und langfristigen Erfolg sichern. Die Zukunft des Bauwesens ist offen, und ein gut implementierter openBIM-Workflow ist der Schlüssel, um sie effektiv zu gestalten.